Absolute Gleichwürdigkeit und radikale Selbstverantwortung

Ich laufe los, zu Fuß von meinem Zuhause in Richtung Hügel. Aus der Stadt in die Natur. Ich weiß nicht wie lange meine Wanderung wird, ich weiß nur, dass meine Beine mich tragen und vorwärts bringen werden. Eine Banane, Tee, ein paar Nüsschen und Musik auf die Ohren – los gehts. Es ist der erste kühle Herbstmorgen. Sobald ich unsere noch dunkles Innenhofhaus verlasse lachen mich die ersten Sonnenstrahlen an, die Blätter an den Bäumen färben sich rot und gelb. Ich bin beschwingt von meinem Tatendrang, überrascht, dass ich Arbeit, Ausbildung, Haushalt hinter mir lassen und für mich los gehe.

“Hätte mir einer früher gesagt, dass es ok ist, wenn man manchmal länger braucht und keiner von den Nasen einen Plan hat wie es geht.” Die Liedzeile von Mines neuem leider noch nicht veröffentlichtem Album schwingt mir in den Ohren. Denn ja, genau so ist es. Niemand hat einen Plan wie das Leben funktioniert, alle leben ihr Leben mit ihren Prägungen, Freuden, Wünschen, Hoffnungen und Nöten. Mir fällt auf, dass ich mich viel zu Oft abhängig mache von der Meinung von anderen, von meinem Wunsch zu gefallen, von meiner Sehnsucht nach Anerkennung und Bestätigung meines seins. Was für ein Quatsch. Niemand ist besser auf diese Welt gekommen und ich weiß genauso wie leben funktioniert, wie alle anderen auch. Ich spüre absolute Gleichwürdigkeit. Das macht mich frei. So zu sein, wie ich bin. Nur wie bin ich und was will ich und wann entscheide ich mich wirklich für das womit ich meine Lebenszeit verbringen möchte?

Heute möchte ich laufen, bis zu den Hügeln und das tue ich. Schon auf dem Weg zu meiner ersten Station der Günther Klotzanlage spüre ich das Wechselspiel zwischen meinem Gewahrsein auf meine körperliche Bewegung, mein Umfeld und meine Gedanken, die kommen wollen, die sich aufdrängen, die durchdrungen und gespürt werden wollen.

Ich stehe auf dem Hügel, dem Mount Klotz und drehe mich im Kreis um mich herum Karlsruhe, der Ort an dem ich im dunklen Innenhofhaus wohne und mich darin übe dankbar dafür zu sein was ich habe und damit mein Bedürfnis nach Nähe zur Natur und vor allem Heligkeitund Weitsicht verdränge. Es scheint mir undankbar. Mein duales Studium vor 20 Jahren, der Notnagel meiner beruflichen Entwicklung, da ich damals nicht wusste, was aus mir werden sollte führte mich hierher. Damals ein Ort des Frei seins, weg aus dem für mich gefühlt sehr engen Schwarzwalddorf. Heute ein Ort des unfrei seins. Ich bin wieder hierhergekommen, nach knapp 7 Jahren Hamburg aufgrund der Erinnerung an Freunde, die Sonne und Erlebnisse, die ich hier zusammen mit Matthias erlebt hatte. D.h. ich bin heute hier, weil Karlsruhe meine erste Station weg von meinem Schwarzwaldzuhause war. Will ich denn hier sein? Wo ist heute hier mein Platz, möchte ich mir einen Platz in dieser Stadt geben? Meine Antwort lautet immer lauter NEIN.

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